Katholische Kindertageseinrichtungen Hochsauerland-Waldeck gGmbh
Kath. Familienzentrum Brilon
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Flüchtlingskinder mit einem Rucksack voller Probleme

Die Kita St. Elisabeth in Brilon hat derzeit einige Flüchtlingskinder aufgenommen. Viele verschiedene Welten und Kulturen prallen aufeinander und Integration ist nicht immer leicht umzusetzen.
Manuela Elias, Leiterin der Kita St. Elisabeth in Brilon erklärt, welche Herausforderungen sie und ihr Team im Alltag mit den Flüchtlingskindern meistern
Manchmal trägt die Afrikanerin ihr Baby in einem Tuch auf dem Rücken, manchmal hebt sie es an nur einem Arm aus dem Kinderwagen. Für viele Eltern aus dem Kindergarten St. Elisabeth in Brilon ungewohnt. „In einem Bilderbuch über Afrika haben die Kinder dann eine Skizze gefunden, die zeigt, dass das wohl in dieser Kultur normal ist“, sagt Manuela Elias, Leiterin der katholischen Kita. Sie beschreibt nur einen der zahlreichen kulturellen Unterschiede, die in ihrer Einrichtung aufeinander prallen.
90 Kinder besuchen die Kita, 68 von ihnen haben einen Migrationshintergrund. Schon im Kindergartenjahr 2014/15 wurden Kinder aus neun Asylbewerberfamilien in der Kita angemeldet, in diesem Jahr kamen drei weitere hinzu. Insgesamt stehen 16 Anmeldungen von Asylsuchenden auf der Warteliste. Traditionell nimmt die Kita schon seit langer Zeit Kinder mit Migrationsgeschichte auf. Die Flüchtlingskinder kommen aus Syrien, Aserbaidschan, Ägypten oder Kasachstan.
Die Sprache
Die größte Herausforderung: Sprachschwierigkeiten. Schon bei den Aufnahmegesprächen musste Hilfe angefordert werden – wie auch bei manchen Familien mit Migrationshintergrund. Eine Sozialarbeiterin des Caritasverbandes Fachdienst Migration mit Wörterbuch, Integrationspaten oder andere Eltern halfen bei der Übersetzung.
„Eine Erzieherin war ein Jahr als Au-Pair in Amerika und spricht sehr gut Englisch, wenn aber die Mutter aus Afrika nur „Tiu“ spricht, hilft das trotzdem nicht.“ Die Erzieherinnen hoffen auf ein mehrsprachiges Aufnahmeformular. Beim Ausfüllen der Unterlagen haben sie oft den Eindruck, dass die Eltern nicht verstehen, worum es geht. Daher gibt es einige Formulare mehrsprachig, wie das Infektionsschutzgesetz.
Sprachdefiziten bei Kindern begegnen Manuela Elias und ihr Team mit Förderprogrammen. Auf ihrem Tisch liegen ein Dolmetscherbuch für Erzieherinnen und ein Bilderbuch, in dem Begriffe für Kinder dargestellt werden.
Viele Kinder „bringen verständlicherweise einen ganzen Rucksack unterschiedlicher Probleme mit“, sagt die Kitaleitung. „Wir merken, dass sie sich durchboxen mussten. Das wird auch im Sozialverhalten deutlich.“ Manche Kinder können nicht teilen, nicht abwarten, suchen ständig den Kontakt zu den Erzieherinnen, sind verängstigt. Für einige wurde ein Antrag auf Einzelintegration gestellt, also für spezielle Förderung. Die Erzieherinnen bereiten sich zudem mit verschiedenen Schulungen auf traumatisierte Kinder vor. „Aktuell haben wir zwar keine traumatisierten Kinder, aber ich setze mich damit schon auseinander, denn es kann sein, dass diese Kinder kommen werden“, so Manuela Elias.
Die Kinder begegnen den Asylbewerberkindern oft ohne Scheu. „Vor dunkelhäutigen Kindern haben aber Einige zunächst Angst“, erinnert sich Manuela Elias, „Ein Mädchen lief sogar weg.“ Manchmal sei es selbst für die Erzieherinnen eine Herausforderung, die Kinder zu integrieren. „Als wir Schminktag hatten, konnte man die Farbe auf dunkler Gesichtshaut nicht erkennen – das hat sehr traurig gemacht.“
Die Eltern der Flüchtlingskinder, die oft eine hohe Schulbildung haben, wünschen sich alle Fördermöglichkeiten für ihre Kinder. Wunsch der Eltern ist es, dass die Kinder ganztätig ab dem ersten Kindergartentag in der Kita betreut werden. Der Alltag hilft ihnen bei der Integration. „Ein Junge aus Ägypten traute sich nach einem Jahr im Kindergarten beim Abschlussgottesdienst das Vater Unser auf ägyptisch zu sprechen.“ Eine Familie, die wegen ihres christlichen Glaubens fliehen musste. Der Vater des Jungen forderte das volle Bildungsprogramm für seinen Sohn. Der Junge besucht nun – nach nur einem Jahr – die Offene Ganztagsschule.
Auch die Eltern selbst bemühen sich um Sprachkurse und Ausbildungen. Die deutschen Eltern helfen bei der Integration: „Eine syrische Mutter wird jetzt immer von einer anderen Mutter im Auto mit zur Kita genommen.“ Für Manuela Elias ein kleiner Erfolg im Alltag.
Die Kita St. Elisabeth in Brilon hat derzeit einige Flüchtlingskinder aufgenommen. Viele verschiedene Welten und Kulturen prallen aufeinander und Integration ist nicht immer leicht umzusetzen. 64 Kinder stehen aktuell auf der Warteliste der Kita St. Elisabeth. Darunter 16 Kinder von Asylbewerbern. Nur 27 Plätze werden frei. Aufnahmekriterien festzulegen ist eine schwierige Aufgabe für den Rat der Tageseinrichtung.
Auf Nachfrage unserer Zeitung gaben andere Kindertagesstätten in Brilon an, aktuell keine Flüchtlingskinder aufgenommen zu haben. Auch auf der Warteliste seien keine vermerkt. Manche Kitas gaben zur Warteliste keine Angaben.
„Alle Kindergärten in der Kernstadt waren bereits zum August überbelegt. So können Kinder, die während des Jahres zuziehen, nicht aufgenommen werden“, so die Leiterin der katholischen Kita St. Elisabeth, Manuela Elias.
Unmut der Integrationspaten
Gerade für die Asylbewerberkinder, die im Laufe des Jahres kommen und die Kita als wichtige Integrationshilfe vor dem Schulbeginn benötigen, sei dies „eine Katastrophe“. Wegen des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) müssen alle Kinder bis zum Januar von den jeweiligen Leiterinnen gemeldet sein, um Geld für die Personalkosten zu erhalten. Nachzügler haben dann das Nachsehen. Dass nicht extra Plätze für Flüchtlingskinder geschaffen werden können, stoße zunehmend auf Unmut der Integrationspaten, die mit dem KiBiz nicht vertraut sind. „Sie fordern durch Anrufe und Besuche, die Kinder zusätzlich aufzunehmen. Dabei dürfen wir das rechtlich auf Basis unserer Betriebserlaubnis gar nicht“, sagt Manuela Elias. Einige Kinder aus Brilon wurden an Kitas in den Ortschaften weitergeleitet, in denen es freie Plätze gab. Die verbleibenden Kinder müssen zum Sommer auf einen Platz hoffen – auf der Warteliste.